204 §. 74. Die Welfen und Ghibellincn.
ten lombardischen Städte zum Aufgeben angemaßter Rechte,
welche den Kaisern früherhin zugestanden hatten, zu zwin-
gen und die kaiserliche Hoheit über Italien herzustellen
suchte. Zwar demüthigte er das hartnäckig widerstrebende
Mailand, das er sogar zerstörte; aber durch das eigen-
süchtige Benehmen Heinrich's des Löwen, der ihm die Hee-
resfolge verweigerte, verlor er 1176 die Schlacht bei
Legnano, so daß er es für gut fand, sich mit den Lom-
barden und dem Papste zu versöhnen. Von diesem Au-
genblicke an war die Übermacht der Kirche
vollkommen entschieden.
Über Heinrich den Löwen, der unterdessen sein Land
durch Eroberung und Anbauung slavischer Gebiete vergrö-
ßert hatte, sprach nun Friedrich die R e i ch s a ch t aus und
vertheilte seine Besitzungen an andere Fürsten, von denen
Otto von Wittelsbach Bauern erhielt, und der
Stifter des noch heute dasselbe regierenden Fürsten- (jetzt
Königs-)hauses wurde. — Nachdem Friedrich, um die Macht
seines eigenen Hauses zu vergrößern, seinem Sohne die
Hand Constanzia's, der Erbin von Neapel und
Sizilien, verschafft hatte, unternahm der allgemein vev
ehrte Kaiser in seinem hohen Alter einen Kreuzzug, auf
welchem er aber, zum Leid für ganz Deutschland, seinen
Tod fand.
Sein Sohn Heinrich Vi (1190— 1197) verwendete
seine ganze Kraft auf die Besitznahme Unteritaliens und
Siziliens, bekam aber dadurch nicht nur den Papst, der
sich zum Oberlehnsherrn dieses Reichs erklärt hatte, zum
Gegner, sondern entfremdete sich auch durch grausame Härte
die Herzen seiner neuen Unterthanen. — Da die ghibelli-
nische Partei nun seinen Bruder Philipp von Schwa-
den, die welfische Partei aber Otto Iv, Heinrich's des
Löwen Sohn, zum Kaiser wählte, so entstand ein zehnjähri-
ger Krieg, bis nach Philipp's Ermordung 1208 Otto die
Oberhand bekam.
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Extrahierte Personennamen: Heinrich Heinrich Friedrich Friedrich Otto_von_Wittelsbach Otto Friedrich Friedrich Heinrich_Vi Heinrich Philipp_von_Schwa- Philipp Otto Otto
Extrahierte Ortsnamen: Italien Mailand Neapel Sizilien Deutschland Siziliens
258 §. 91. Die Religionskriege in Deutschland.
festigen, und seine Streitkräfte aus Ungarn und Ztalien zu-
sammenziehen , worauf er sodann gleich die N e i ch s a ch t
gegen die schmalkaldischen Bundeöhäupter
aussprach.
Da diese mehr vertheidigungs-, als angriffsweise zu Werke
gehen wollten, so wagten sie bei ihrer Belagerung von In-
golstadt keinen ernstlichen Sturm, sondern brachen bald wie-
der auf, um das aus den Niederlanden herkommende kaiserliche
Hülfsheer an einer Vereinigung mit dem Kaiser zu verhindern.
Da ihnen aber dies nicht gelang, so gieng nun der Kaiser
'angriffsweise zu Werke und drang in Schwaben ein. Eben
als die schmalkaldischen Fürsten, weil sie von den oberländi-
schen Städten nicht ausreichend unterstützt wurden, Friedens-
vorschläge thaten, trat Moritz, nachdem er vom Kaiser
die geheime Versicherung der Kur würde erlangt
hatte, offen für den Kaiser auf und nahm das Land
Johann Friedrichs, das ihm dieser bei'm Ausbruch des Krieges
arglos zur Verwaltung anvertraut hatte, in eigenen Besitz. Da
nun der Kaiser die Verbündeten aufforderte, sich auf Gnade
und Ungnade zu unterwerfen, so zogen die Fürsten vom
bisherigen Kriegsschauplatz ab, ein jeder um sein Land zu
vertheidigen.
Während der Kaiser sich nun alle süddeutschen
Städte unterwarf und sie m i t st a r k e n Schatzungen
bestrafte, befreite Kurfürst Johann Friedrich, sein Land
von den schwachen Besatzungen Moritzens, der sich zu Ferdi-
nand nach Böhmen flüchtete, und nahm an der Elbe eine
für Ferdinand drohende Stellung ein.
Dies bewog den Kaiser nach Böhmen aufzubrechen und
nach seiner Vereinigung mit Ferdinand und Moritz mit einem
starken Heere von da aus in Sachsen einzurücken, wo er den
nach Wittenberg eilenden Kurfürsten einholte, ihn
1547 in der Schlacht bei Mühlberg gefangen nahm und seines
Kurfürstenthums verlustig erklärte, das nun an Moritz ver-
liehen wurde, so daß also die K u r nun auf die albe r-
tinische Linie von Sachsen übergieng.
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Extrahierte Personennamen: Moritz Johann_Friedrichs Johann Friedrichs Johann_Friedrich Johann Friedrich Moritzens Ferdinand Ferdinand Moritz Moritz
Extrahierte Ortsnamen: Deutschland Ungarn Niederlanden Schwaben Sachsen Wittenberg Mühlberg Sachsen
§. 89. Fortgang der Reformation.
247
krieg in Thüringen und Franken, wobei eine Menge
Ritterburgen und Klöster geplündert und zerstört wurden.
Als Luther dieses heillose Beginnen erfuhr, schrieb er im
äußersten Unwillen mehrere Schriften gegen die Aufrührer,
worin er sie zum Gehorsam gegen ihre Obrigkeit anwies
und die Fürsten aufforderte, diesen Gräueln zu steuern.—
Beide Aufstände wurden auch bald von den fürstlichen Heeren
gedämpft und die Empörer hart, zum Theil grausam gestraft,
wozu allerdings der religiöse Gegensatz mitwirkte.
Obgleich diese traurigen Vorfälle in Vielen die Theil-
nahme für die Reformation schwächten, so befestigte sich
diese doch immer mehr, zumal einerseits Karl wegen seiner
Kriege mit Frankreich beständig von Deutschland abwesend,
und dessen Bruder Ferdinand, als Reichs v er Weser,
gewaltsamen Maaßregeln nicht geneigt war. Zugleich erwies
sich der Nachfolger Friedrichs des Weisen, Johann der
Beständige, mit seinem ernsten, tiefreligiösen Gemüthe
besonders thätig für die Reformation, indem er in Sachsen
die erste Kirchenreform einführte, welche sich bald auch
andere evangelische Fürsten zum Muster nahmen, besonders
seit die (vorzüglich ihm zu verdankende) Fassung des Reichs-
abschieds von 1526 der Ausbildung der Landes-
kirchen Vorschub leistete.
Ein Jahr zuvor, 1525, hatte auch Markgraf Al brecht
von Brandenburg, als Hochmeister des deutschen Or-
dens, seinen geistlichen Stand aufgegeben und bei seinem
Übertritt zur lutherischen Lehre das Ordensland Preußen,
mit Einwilligung der Stände desselben, als ein erbliches
Herzogthum in weltlichen Besitz genommen.
Überall, wo die Grundsätze der Reformation Annahme
fanden, wurde daher der Cölibat und das Klosterwesen auf-
gehoben, der Gottesdienst in der Landessprache gehalten,
den Laien der Antheil am Kelch zurückgegeben, die bis dahin
von Luther übersetzten Theile der Bibel verbreitet, und der
christliche Unterricht der Jugend und des Volkes, wofür
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Extrahierte Personennamen: Karl Karl Ferdinand Ferdinand Friedrichs Johann Luther
Extrahierte Ortsnamen: Thüringen Frankreich Deutschland Sachsen Brandenburg
h. 91, Die Religionskriege in Deutschland. 261
- . . - /
der Kaiser, wiewohl ungern, den Vertrag genehmigt und die
beiden gefangenen Fürsten ihre Freiheit er-
halten hatten, kehrte wieder Vertrauen in die Herzen zurück,
und der Kaiser konnte mit einem bedeutenden Reichöheere
einen Kriegszug gegen Frankreich unternehmen, in
der Absicht, die unterdeß von Frankreich bereits besetzten Städte,
vor allen Metz, wieder an das Reich zu bringen. Leider nöthig-
ten ihn Krankheiten im Heere, nicht nur die Belagerung dieser
Stadt bald wieder aufzugeben, sondern auch die ganze Unter-
nehmung einzustellen. So blieb Frankreich im Besitze dieser
wichtigen Städte!
Als hierauf die in Deutschland errungene Ordnung durch
einen Plünderungskrieg des Markgrafen Albrecht von Bran-
denburg-Culmbach gegen die katholischen Stifter in Franken
gefährdet war, so trat Moritz selbst diesem seinem ehemaligen
Bundesgenossen entgegen und besiegte ihn bei Sievers-
h au sen, fand aber selbst dabei seinen Tod.
Auf dem nun eintretenden Reichstag zu Augsburg, den
der Kaiser seinem Bruder abzuhalten überließ, wurde endlich
zwischen den katholischen und protestantischen Ständen auf
den Grund des Passauer Vertrages
1555 der Augsburger Religionsfriede geschlossen, welcher
den Protestanten außer religiöser Gewissensfreiheit die völ-
lige bürgerlicherechtsgleichheit bestätigte und den
Besitz der eingezogenen geistlichen Güter beließ, jedoch mit dem
sogenannten „geistlichen Vorbehalt", daß; wenn ein
geistlicher katholischer Landesherr protestantisch würde, er dann
Land und Stand verlieren solle (was in der Folge dem Kur-
fürsten Gebhard von Köln begegnete). Von diesem Religions-
frieden blieben jedoch die Reformirten ausgeschlossen.
Da Kaiser Karl fast alle Lieblingsplane seines Lebens
vereitelt sah, übergab er die Regierung von Spanien, Neapel
und den Niederlanden seinem Sohne Philipp Ii, legte die
deutsche Kaiserwürde nieder und zog sich 1556 in die Ein-
samkeit des spanischen Klosters St. Just bei Placentia zurück,
wo er zwei Jahre darauf starb. — Als Beherrscher so vieler
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Extrahierte Personennamen: Albrecht_von_Bran-
denburg-Culmbach Albrecht Moritz Gebhard_von_Köln Karl Karl Philipp_Ii Philipp
Extrahierte Ortsnamen: Deutschland Frankreich Frankreich Frankreich Deutschland Spanien Neapel